Ein absolutes Highlight aus unserer persönlichen Sammlung, das wir zum Verkauf anbieten.
Die Beschreibung dieses Kleides möchten wir heute mit einem kleinen genealogischen Abriss beginnen: Wilhelm Friedrich Karl von Oranien-Nassau (1797-1881), Prinz der Niederlande, heiratet Luise Auguste von Hohenzollern (1808-1870), Prinzessin von Preußen. Ihre Tochter Wilhelmine Frederica Alexandrine Anna Louise Marie von Oranien-Nassau (1841-1910) heiratet den 5. Fürsten zu Wied: Wilhelm Adolph Maximilian Carl zu Wied. Aus der Ehe gehen u.a. hervor Wilhelmine Friederike Auguste Alexandrine Marie Elisabeth Luise zu Wied (1880-1965).
Zwei Jahre nach ihrem Tod wird das Kleid zusammen mit anderen Kleidern und Accessoires aus ihrem Besitz bei Christie’s versteigert. Am 11. Juli 1967 werden sie von Doris Langley Moore ersteigert. Doris Langley Moore (1902-1989) war eine der bedeutendsten privaten Sammlerinnen alter Kleider. Sie gründete 1963 das Fashion Museum in Bath, England. Ihre Sammlung, aus der auch dieses Kleid stammt, wurde später von Helen Larson erworben. Helen Larson lebte in Kalifornien. Sie war eine leidenschaftliche Sammlerin und brillante Kennerin ihres Fachs, die ihren Lebensunterhalt mit dem Verleih von Kostümen für Film und Theater verdiente. Zahlreiche hochkarätige Ausstellungen antiker Kleider und Accessoires weltweit gehen auf ihre Sammlung zurück. Im April 2018 wurden Teile der Sammlung von Helen Larson versteigert. So kamen wir zu diesem schönen Gesellschaftskleid, das eine besondere Geschichte hat.
Das Kleid ist aus elfenbeinfarbener Seide und farblich passendem Samt. Datierung: um 1888. Lange Schleppe. Zwei Oberteile. Ein hochgeschlossenes Tagesoberteil und ein Abendoberteil. Das Tagesoberteil hat eine lange Schleppe, ¾-Ärmel und Schleifen an den Ärmeln. Schnürung im Vorderteil. Das Abendoberteil hat ebenfalls eine langgezogene Schneppe mit vorderer Schnürung. Originalschnüre vorhanden.
Etikett: "Mode Bazar, Gerson & Co. Berlin * Königlich und Kaiserliche Hoflieferanten“. Das Kaufhaus Gerson gilt als das erste Warenhaus Berlins. Das Konfektionshaus befand sich seit 1848/1849 auf dem Friedrichswerder am Werderschen Markt 5 und bot in einem prachtvollen Gebäude vorgefertigte (konfektionierte) Kleidung an. Das Kaufhaus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Gründer und Inhaber des Kaufhauses Gerson war der jüdische Kaufmann Herrmann Gerson (1813-1861). Er eröffnete 1839 sein erstes eigenes Geschäft unter dem Namen Herrmann Gerson im Gebäude der Königlichen Bauakademie am Werderschen Markt. Ab 1842 belieferte Gerson auch den preußischen Hof. Zusammen mit den Gebrüdern Mannheimer, Rudolph Hertzog und David Leib Levin gilt Herrmann Gerson als einer der Begründer der Berliner Bekleidungsindustrie, die später zu einer der wichtigsten Säulen der Berliner Wirtschaft wurde. Das von Herrmann Gerson gegründete Unternehmen war 1894 mit einem Jahresumsatz von 30 Millionen Mark das größte seiner Branche in Berlin und galt noch in den 1920er Jahren als führend.
Das Kleid befindet sich in einem sehr guten Erhaltungszustand. Kleinere Flecken, dezente Tragespuren am Saum, Kordelösen am Oberteil lassen vermuten, dass hier vielleicht noch eine Schleife angebracht war (leider nicht mehr vorhanden). Der Schmuck ist nicht im Lieferumfang enthalten.
Da wir das Kleid auf das Jahr 1888 datieren, könnte es von Wilhelmine Frederica Alexandrine Anna Louise Marie von Oranien-Nassau (1841-1910) getragen worden sein, der Gemahlin des 5. Dieser, Wilhelm Fürst zu Wied, war unter anderem Präsident des Preußischen Herrenhauses. Das Preußische Herrenhaus war die erste Kammer des Preußischen Landtags, der Legislative Preußens. Vorbild war das House of Lords. Vielleicht wurde dieses Kleid zu einem besonderen Anlass in Berlin getragen. Vielleicht zu den Feierlichkeiten rund um die Krönung Kaiser Wilhelms II. Nur Kleider, die zu besonderen Anlässen getragen wurden, sind in der Regel erhalten geblieben. Und dies ist ein solcher Anlass.